Seit 2019 führen Marco und Marie-Claire Gramm das Restaurant im Golfclub Rheinhessen in St. Johann. Das »Gramms« wirbt auf seiner Homepage mit dem Versprechen, ein Restaurant »für einen unvergesslichen Aufenthalt« zu sein, ob nach der Golfrunde, zum Geschäftsessen oder als Belohnung mitten im Alltag.
Nun, zunächst hat das Gramms eine wunderschöne Lage, auf der Hügelkette zwischen St. Johann und Gaubickelheim gelegen, inmitten des Hofguts Wißberg, am Rande der Anlage des Golfclubs Rheinhessen. Auf einer der beiden Terrassen bietet sich ein weiter Blick auf rheinhessische Weinberge und den Ort Gaubickelheim, die zweite Terrasse im Innenhof präsentiert das Hofgut Wißberg in seiner vollen Pracht. Der Innenbereich ist dann nicht mehr ganz so stimmig. Das schlichte helle Mobiliar will nicht so recht zu den dicken Kalksteinmauern passen. Wohlfühlen kann man sich aber.
So bestellten wir wohlgelaunt, aber etwas im Druck befindlich, da wir für 19 Uhr reserviert hatten und das Restaurant nur bis 20 Uhr (dafür immer ab 12 Uhr) die Küche geöffnet hat. Die freundliche Bedienung nahm nach 10 Minuten Wartezeit unsere Wünsche für die Vorspeise auf. Meine Frau suchte sich aus der etwas gekünstelt in Empfehlungen und Klassiker zweigeteilten Speisekarte den Rote Beete-Salat mit Preiselbeer-Vinaigrette, Schafskäse, karamellisierten Walnüssen und Feldsalat (13,50 €) aus. Der recht nett aussehende Salat, scheinbar zusammengehalten von zwei Schnittlauchstangen, hatte nicht zuletzt durch die feinfruchtige Vinaigrette ein vollmundiges Aroma. Die sehr ursprünglich nach Rübe schmeckende, selbstgemachte rote Beete, zum Glück nicht wie so oft mit Zucker überhäuft, wurde durch die Kombination der Zutaten gut eingebunden.
Aus der nicht sehr ambitionierten, im Wesentlichen lokal geprägten Weinkarte gab es dazu ein Glas Grauburgunder (5,00 €) des örtlichen Weinguts Schäfer, der die für diese Rebsorte typische Nussnote im Abgang verriet. Ich wählte den Feldsalat mit rohem Schinken von der Tageskarte (12,50 €). Das gleiche leckere Dressing wie beim Rote Beete-Salat machten den Salat zusammen mit dem feingeschnittenen Schinken zu einer richtig guten, leichten Vorspeise. Leicht, aber mit intensivem, würzigen Geschmack war dazu der Silvaner (0,2 l/5,00 €) des Badenheimer Weinguts Fogt – findet man in Rheinhessen so gut nicht so oft.
Unsere Erfahrungen beim Hauptgericht waren dann zweigeteilt. Ich hatte schon gehört, dass das Wiener Schnitzel (26,50 €) im Gramms so gut sein soll. Also bestellte ich es – und ich wurde nicht enttäuscht. Das Kalbfleisch war dünn geschnitten, zart und saftig. Die Panade war kross, fluffig leicht und schön gewürzt. Kurzum: So muss ein Wiener Schnitzel schmecken. Der Kartoffel-Gurkensalat war die klassische Begleitung dazu, ordentlich, aber die Kartoffeln etwas grob, die Gurken etwas fad. Dennoch war ich sehr zufrieden, zumal sich der Riesling (0,2 l/4,00 €) vom Weingut Finkenauer (Bad Kreuznach) als ordentlicher Tischwein erwies.
Meine Frau dagegen war alles andere als zufrieden. Als Flammkuchen-Liebhaberin orderte sie den Flammkuchen mit Pulled Pork und Weißkohl (12,50 €). Pulled Pork, in Nordamerika legendär als Teil des Barbecues, wird lange bei niedriger Temperatur gegart, was es sehr zart machen soll, so dass es quasi zerfällt. Hier war es offensichtlich schon eine Weile gestanden, vom eigentlich typischen rauchigen Geschmack war nichts zu spüren. Serviert wurde der Flammkuchen mit mächtigen Fleischbergen auf dem Teig und einem Hauch von Weißkohl, leider nicht frisch, sondern aus dem Glas, was wohl eine Anlehnung an das nordamerikanische Coleslaw sein sollte. Obwohl der Teig noch einigermaßen knusprig war, wollte diese Kreation meiner Frau so gar nicht munden. So muss man festhalten: gute Idee, Umsetzung missglückt. Der Sauvignon Blanc (0,2 l/5,60 €) von der Hahnmühle aus Mannweiler kam als ein sehr verspielter, Südfruchtaromen satt bietender Weißwein daher.
Fazit: Das Gramms lohnt sich nicht nur für Golfer. Ein Ausflug zu dieser sehr schön gelegenen Location ist allen zu empfehlen. Für einen »unvergesslichen Aufenthalt« reicht es jedoch (noch) nicht.
ESSEN | 7,0 |
TRINKEN | 7,5 |
SERVICE | 8,0 |
AMBIENTE | 8,0 |
PREIS/LEISTUNG | 8,0 |
ERGEBNIS | 7,7 |