Hohe Dom St. Martin zu Mainz, wohin man blickt. Das »Domzimmer« des Landgasthofs Kirschgarten im Ortskern von Wackernheim ist eine einzige Verbeugung vor der Mainzer Bischofskirche: in Öl, als Foto, aquarelliert, als Radierung – ja sogar auf den prächtigen Platztellern, die der vor zwei Jahren gestorbene Lahnsteiner Künstler Dieter Portugall mit Mainzer Motiven gestaltet hat. Im Haupt-Gastraum des Kirschgartens stimmt alles. Hier darf man sich auf Anhieb wohl fühlen, auch dann, wenn das Wetter für einen Abend unter den alten Bäumen im Garten nicht taugt.
Die Speisenauswahl ist nicht üppig (das lässt auf frische Zubereitung hoffen), bedient aber viele Geschmäcker. Während wir noch in der Weinkarte stöbern, die mehr als 30 Schoppen heimischer Winzer zu günstigen Preisen listet, steht schon ein Körbchen mit herrlich knusprig-frischem Sauerteig-Bauernbrot auf dem Tisch. Das passt auch prächtig zur Spargelcrème-Suppe (8,50 €), die, fein-pfeffrig abgeschmeckt, belegt, warum diese Region für ihren Spargel gerühmt wird. Auch zum Garnelen-Töpfchen (14,50 €) mit geschmorten Kirschtomaten ist das Brot sehr willkommen zum Austunken der aromatischen pikanten Brühe. Knoblauch und Chili sind die klassischen Zugaben beim Braten der Riesengarnelen. Wir wollen aber keinen Knoblauch. Kein Problem, Service und Küche gehen auf alle Sonderwünsche der Gäste ein.
Sehr zügig kommen auch schon die Hauptgänge. Das Cordon Bleu vom Kalb (28,50 €) mit Pommes-Frites und kleinem Salat wird schmucklos präsentiert. Allerdings hat es das Fleisch in sich. Gut vier Zentimeter dick, mit klassischer Panade, innen reich gefüllt mit mehreren Lagen gekochten Schinkens und ebenso reichlich Käse, der beim Anschnitt dickflüssig aus der Schnitzeltasche quillt. Gutes, saftiges Fleisch, aromatische Füllung. Dazu schmeckt ein trockener Silvaner (4,60 €) vom Posthof Doll & Göth aus Stadecken-Elsheim mit stabiler Säure und Noten von Stachelbeere und Kernobst.
Ordentlich angerichtet ist meine Tagliata Toskana (27,50 €), ein Steak-Klassiker der norditalienischen Küche. Das medium-rare-gebratene Roastbeef ist in zentimeter-dicke Scheiben geschnitten, butterzart, hocharomatisch und mit rotem Pfeffer auf Touren gebracht. Es ruht auf einem Rucola-Bett und einer wuchtigen Jus. Köstlich. Da verkommen das stark gesalzene Kartoffel-Gratin und das knackige Mischgemüse zur bloßen Beilage.
Zum Abschied beruhigt ein hausgemachtes fruchtiges Johannisbeer-Sorbet mit frischem Obstsalat (5,50 €) die Geschmacksknospen.
ESSEN | 8,0 |
TRINKEN | 7,5 |
SERVICE | 7,5 |
AMBIENTE | 8,0 |
PREIS/LEISTUNG | 8,0 |
ERGEBNIS | 7,8 |