Eine Himbeere ist eine Himbeere – aber: nicht nur eine Himbeere. Wenn sie nämlich gefüllt ist mit Paprikaaromen, dann ist sie eine kleine Geschmacksexplosion. Und wenn sie dann noch auf einem kräftiggrünen Sellerie-Spinat-Püree liegt, umgeben von einem hauchzarten knusprigen Teigrand, dann befinden wir uns im Gourmetrestaurant Sandhof von Sternekoch Dirk Maus, der sich gerade anschickt, uns einen unvergesslichen Abend zu bereiten.

Das Wetter erlaubt uns den Besuch der großartigen Terrasse, der Blick schweift ungehindert bis in den Rheingau. Die alte, wunderschön renovierte Mühle des Sandhofs besticht mit ihrer Alleinlage inmitten großer Nuss- und Obstbäume, umgeben von Wiesen. Tina Maus, die uns während des gesamten Abends freundlich und charmant umsorgt, verwöhnt uns mit Tipps und Erklärungen. Dezent und ganz unaufdringlich ist sie dem Gast dennoch mit ihrem Team stets zur Seite, ein entspannter Service, den längst nicht alle Sternelokale auf diese Weise zu leisten vermögen und der unbedingt wieder lobender Erwähnung bedarf.

Und es erwartet uns nun eine überwältigende Vielfalt an Aromen und Texturen, die uns Dirk Maus auf die wunderschön dekorierten Teller zaubert. Frische, qualitativ hochwertige, ausgesuchte Zutaten bilden die Basis für kreative, variantenreiche, handwerklich perfekte und überraschende Küchenleistung, die uns der Meister mit seinem Küchenteam liefert.

Da ist als Highlight zum Beispiel gleich das Bio-Spiegelei zu nennen, das uns mit der Kartoffelespuma, der Sauce Hollandaise, ein paar Bratkartoffelscheibchen, der gehobelten rohen Gänseleber, der Zwiebelmarmelade und dem gehobelten Trüffel als warm+kalt-Spiel den Mund voller traumhafter, köstlicher Aromen und voll Geschmack beschert. Ein hauchdünn knusprig gebackenes Bällchen mit Kalbstatar korrespondiert als »surf + turf« hervorragend mit dem Thunfischtatar auf der Thunfischcrème. Marinierte Tomate, kleine, knusprig ausgebackene Kapernbeeren und Basilikum wirken dabei als frische Ergänzung. Auch schon das hübsch verzierte Churro mit geräucherten Mandeln, Kräutercrème und dem feinen Fenchelsalat, ergänzt durch eine kleine Rotgarnele in Sauce Rouille ist ein beeindruckender, farbenfroher Küchengruß zum eleganten, feingliedrigen Raumland-Sekt, dem Pinot Meunier + Pinot Noir (9 €).

Besonderer Erwähnung bedarf heute auch die rote Zwiebel mit ihren süßen Aromen, die mit einem Deckel aus Röstzwiebeln, gemischt mit kräftigem Mimolette-Hartkäse ein kleines, zartes Wurzelgemüserisotto bedeckt, Preiselbeergeltupfer liefern den fruchtigen Part, zusammen mit Pesto-Öl in der umgebenden köstlichen, schaumigen Beurre Blanc. Das alles bildet einen vollmundigen Genuss!

Und auch eine Karotte ist nicht nur eine Karotte, wenn sie vorher in Currybutter gegart wurde und mit krosser Taubenhaut, Nuss, Kumquatschnitzchen und Ducca bestreut wird. Diese Komposition gibt es zur zarten, perfekt gegarten Taubenbrust und zum Taubenragout in hell­grüner, schaumiger Currymousseline im Töpfchen mit dem goldenen Knopf. Nicht fehlen darf natürlich die fantastische Taubenjus dazu. Das sanft-würzige Aprikosen-Rosmarin-Sorbet erdet uns und macht bereit für den Hauptgang. Ein schönes, festes Stück US-Beef Short Rib, überhobelt mit der Belper Knolle, ein Selleriepüree in weiß und grün (mit der erwähnten Himbeere), ein Stück abgeflämmter, enthäuteter, süß-sauer eingelegter Spitzpaprika, dazu wieder die passende Jus vom »Meister der Saucen« – welch ein schönes, buntes Gericht!

Die Desserts sind ein Kapitel für sich. Von sanft zu kräftig, von weich zu knusprig kosten wir ein Stückchen Cheesecake, ein Ragout von Mango und Passionsfrucht – auch als Gel fruchtig, locker –, den Vanilleschmand, das Sauerrahmeis (mmh!), kleine Baisertupfer, Wacholderbiskuit, ein Sauerkirschsorbet, Zitronengel, auch Wacholder als Gel (ein ganz neues Geschmackserlebnis) und eine himmlische Zabaglione aus weißer Schokolade – alles nur dezent süß. Ein Traum! Die Schokoladenganache, der Schokoladenkaramellcanelloni, der gepoppte Buchweizenknusperflake, das Buchweizeneis, toskanisches Olivenöl, drei Sorten knusprig frisches Brot, drei köst­liche Sorten Butter – so viele einzelne Geschmacks­komponenten beleben das Menü und machen immer wieder neugierig.

Die Küche war großartig, immer wieder ist es eine Freude, wie Dirk Maus die einzelnen Aromen herausar­beitet und miteinander verbindet. Ein ausgesprochen fabelhafter »Aromenmeister«! Wir genossen höchstes Niveau. Ein Wort noch zur umfangreichen Weinkarte, die uns rheinhessische Weine von Weingütern mit Rang und großem, klangvollen Namen anbietet und auch andere Anbaugebiete, sowie das Ausland nicht vernachlässigt. Heute waren wir bescheiden: ein duftiger Grauburgunder aus dem Jahr 2020 vom Weingut Eppelmann aus Sta­decken-Elsheim war unser zufriedenstellender abend­licher Dauerbegleiter.

ESSEN10
TRINKEN9,5
SERVICE10
AMBIENTE10
PREIS/LEISTUNG10
ERGEBNIS9,9

Sandhof – Dirk Maus Gourmetrestaurant
Sandhof 7 |  55262 Heidesheim am Rhein
Tel. 06132 436 8333 | www.dirk-maus.de
geöffnet: Fr–So ab 18–22 Uhr | Ruhetage: Mo & Di

Gourmetmenü (4–7 Gänge): 95/110/140 €
offener Wein (0,2 l): 5,50-7,50 €