Zornheimer Weinstuben

Ein Prachtexemplar eines Fachwerkhauses erwartet die Gäste der »Zornheimer Weinstuben« mitten im idyllischen Ortskern der gleichnamigen rheinhessischen Wein­baugemeinde. Welch ein Glück, dass das ehemalige Küsterhaus in direkter Nähe zur Pfarrkirche St. Bartholomäus in den neunziger Jahren komplett restauriert wurde. Und das bis heute außen und innen ein wunderbares Fachwerkensemble darstellt. Dass das so ist, liegt seit über 15 Jahren am Wirtsehepaar Christgen, das auf jedes Detail achtet. Sie ist für den Service ver­antwortlich, er besorgt die Küche. Auf vier versetzten Stockwerken im recht kleinen Fachwerkhaus oder auf der mittlerweile vergrößerten Terrasse im Sommer wird man hier verwöhnt. »Auf gut rheinhessisch« versteht sich.

Das Leitmotto der Christgens macht sich in der Küche, wo auf heimische Zutaten Wert gelegt wird, im Interieur, im zu den Jahreszeiten wechselnden Tischschmuck, im ganzen Drumherum fest. »Gut rheinhessisch« ist auch – im Verhältnis zum Ambiente und der Qualität der Speisen und dem reichhaltigen Weinangebot – das Preis-Leistungs-Verhältnis, nämlich sehr gut. Das hat sich herumgesprochen. Deshalb unbedingt reservieren! Besser telefonisch, denn Reservierungen über das Mailformular werden nicht unbedingt zeitnah gelesen und bestätigt. Das ist ein Schwachpunkt, der sich abstellen lässt.

Zuweilen geht es überhaupt etwas hektisch zu, was sich vor allem durch die baulich bedingte Enge und die vier Stockwerke nicht ganz vermeiden lässt. Umso herz­licher ist der Service. So auch bei uns. Die Chefin persönlich betreute uns und war auch nicht verwundert, als wir zu Beginn in einer Weinstube als Apéritif ein Helles der Mainzer Eulchen-Brauerei (0,33 l/3,50 €) und ein Bitburger Pils (0,33 l/3,20 €) bestellten. Beide sind in einer Weinstube natürlich nicht vom Fass.

Regionale Weine

Nach einem kleinen Gruß aus der Küche fiel ich angesichts der Größe der Portion meiner Vorspeise fast vom Stuhl. Denn die auf Bulgursalat drapierten Blut- und Leberwurstscheiben mit glasierten Birnen und Röstzwiebeln (12,50 €) hätten gut und gerne eine Hauptspeise abge­geben. Eine Wucht waren aber die ungewöhnliche Komposition und das Geschmackserlebnis. Bestens passte dazu der Blanc de noirs (4,80 €) vom Dorn-Dürkheimer Weingut Kreichgauer aus dem bei den offenen Weinen absolut regional aus dem engeren Umkreis Zornheims bestehenden Weinangebot, das vielseitig und qualitäts­bewusst ist. Die Weine werden samt und sonders charakterisiert, was einer Weinstube gut ansteht. Übrigens ist die Flaschenweinkarte sehr gut bestückt, hier findet man rheinhessische, deutsche und internationale Weine, die bis in die Spitzenklasse reichen. So kann man beispielsweise Antinoris toskanischen Kultwein Tignanello für vergleichsweise erträgliche 169 € genießen.

Das macht man nicht alle Tage. Meine Frau trank zu ihrer Vorspeise denn auch einen einfachen, strahligen Riesling des örtlichen Weinguts Münzenberger (3,50 €), der es mit einer als Zeitungsimitation gestalteten Tüte Kürbis-Pommes (9 €) zu tun bekam. Er schaffte es, trotz dreier Dips dazu, den leckeren, keineswegs fetttriefenden, bissfesten Kürbis in Schach zu halten.

Ziemlich gesättigt bestellte meine Frau dann aus der Stammkarte (es gibt immer auch eine reichhaltige »Empfehlungskarte«) als Hauptgericht den in den »Zornheimer Weinstuben« sehr beliebten gebackenen Schafskäse auf geschmolzenen Tomaten, Knoblauch, Oliven und Peperoni (11,90 €). Dieser ließ mit seinem würzigen Potpourri keine Wünsche offen. Ich war neugierig auf die Kalbsleber venezianische Art mit Gnocchis und Rucolasalat. Für 18 € war das vom Feinsten. Die Leber (venezianisch) geschnitten in Rotweinsauce mit Zwiebeln, weich, außen leicht cross, die Rotweinsauce kräftig, die geschmeidigen Gnocchis gut einbindend. Der Salat schmeckte markant dazu. Markant war auch der Riesling St. Alban des Weinguts der Stadt Mainz (3,70 €) als Begleiter: eine runde Sache.

Beim abschließenden Espresso Affogato (4,80 €) kamen wir zu dem Schluss, dass es in Rheinhessen kaum einen schöneren Ort für kulinarischen Genuss in bodenständiger Atmosphäre gibt.